Seit zwei Wochen wird erregt, polemisch oder gar hysterisch
über eine neue Form der Geburtenplanung diskutiert, das neuerdings von Facebook
und Apple ihren Mitarbeiterinnen angebotene sogenannte „Social Freezing“, das
Einfrieren von menschlichen Eizellen zum Zwecke ihrer späteren
Befruchtung,- dann, wenn es frau/mann
mal „passt“.
Auch Günther Jauch ließ dieses Thema am
Sonntagabend diskutieren, wobei die Zusammensetzung seiner Talk-Runde zu
wünschen übrig ließ: Neben einer wenig überzeugenden Befürworterin des „Social
Freezing“ gab es als Befürworter noch einen Arzt aus Bregenz zu bestaunen, der
nicht einen Satz fehlerfrei zu Ende brachte (Originalton: „Meiner Meinung… also wos i jetzt weiß“;
anscheinend hatte er Probleme damit, „meiner Meinung…“ korrekt zu benutzen) und nur Werbe-Spruchbänder
über sein Eizellen-Tiefkühl-Labor und die medizinische Unbedenklichkeit des „Social
Freezings“ verkündete. Vernünftig erschienen mir Ranga Yogeshwar,
Wissenschaftsjournalist, und die beiden anderen eingeladenen Frauen. Beide auf
natürliche Weise erst recht spät Mutter geworden, lenkten sie immerhin den
Fokus auf das, was eigentlich Not täte: nämlich einen gesellschaftlichen
Wandel, so dass längere Erziehungspausen berufstätiger Mütter und unproblematische
Berufsrückkehr selbstverständlich würden und Familie auch in der Arbeitswelt
als bestimmender Faktor für die Struktur der Arbeitsbedingungen gälte..
Es ist ganz erstaunlich, welche hämischen, ja fast hasserfüllten Kommentare diese Diskussion in den Printmedien hervorrief. Die Online-Portale von Spiegel, Tagesspiegel und Focus bewerteten unisono Jauchs Sendung als sexistisch, inkompetent und frauenfeindlich, und nur Uta Rasche in der FAZ.net fand etwas maßvollere Töne und sagte Vernünftiges zu den negativen Aspekten dieser Art von Familienplanung. Allerdings konnte auch sie sich nicht verkneifen, darüber zu klagen, dass Männer wie Jauch und Yogeshwar, eben weil sie Männer seien, es ja „leicht“ hätten, die „Angebote von Apple und Facebook….für unmoralisch zu halten“, und sie fragte, wieso es in Jauchs (oder Yogeshwars) Beruf „keine Frau mit vier Kindern“ gebe.
Es ist ganz erstaunlich, welche hämischen, ja fast hasserfüllten Kommentare diese Diskussion in den Printmedien hervorrief. Die Online-Portale von Spiegel, Tagesspiegel und Focus bewerteten unisono Jauchs Sendung als sexistisch, inkompetent und frauenfeindlich, und nur Uta Rasche in der FAZ.net fand etwas maßvollere Töne und sagte Vernünftiges zu den negativen Aspekten dieser Art von Familienplanung. Allerdings konnte auch sie sich nicht verkneifen, darüber zu klagen, dass Männer wie Jauch und Yogeshwar, eben weil sie Männer seien, es ja „leicht“ hätten, die „Angebote von Apple und Facebook….für unmoralisch zu halten“, und sie fragte, wieso es in Jauchs (oder Yogeshwars) Beruf „keine Frau mit vier Kindern“ gebe.
Dazu ist folgendes zu sagen: Es gibt auch im Fernsehen und
in anderen medialen Berufen – und generell in allen anspruchsvollen Berufen - Frauen,
und zwar erfolgreiche Frauen, mit mehr als einem Kind (zum Beispiel Anke
Engelke oder Petra Gerster). Dass Jauch bzw. Yogeshwar erfolgreich sind, liegt
nicht primär an ihrem Geschlecht. Es gibt nicht nur tausende von Frauen,
sondern auch von Männern, die gern ebenso erfolgreich wären, es aber nicht
sind, weil die Begabung, der Mut und diverse andere Fähigkeiten nicht ausreichen. Vor allem aber wäre es
fatal für die Möglichkeit objektiver Wahrheitsfindung im gesellschaftlichen
Diskurs, wenn in Zukunft die Argumente primär danach bewertet würden, ob sie
von einem Mann oder einer Frau kommen. Ein Mann ist ja nun nicht a priori
voreingenommen, nur weil er ein Mann ist, und dies gilt, wie ich hoffe, auch
für Frauen (obwohl man angesichts der oftmals schrillen und polemischen Töne,
die aus der Gender-Ecke kommen, an der Objektivierungsfähigkeit mancher emanzipatorisch
beflügelter Damen zweifeln möchte).
Nun zum Thema.
Was in der Diskussion fast komplett fehlte, waren die
Kinder. Sie sind offenbar Nebensache, wenn es um Karriere geht. Wie geliebt,
wie angenommen fühlt sich ein Kind, wenn es erfährt, dass es jahrelang nicht
erwünscht war und aus einer tiefgefrorenen Eizelle entstand, die viel
"älter" gewesen ist als der
eigentliche Entstehungs-Zeitpunkt des Fötus? – Wie oft wird sich dieses Kind
fragen, ob es denn jetzt in das Leben seiner Karriere-Mutter passt. Und wie
sehr engt das Durchplanen des eigenen Lebens bis in den zentralen Bereich der
Lebensweitergabe die persönliche Freiheit ein, die eben mehr ist als
Karriere! In meinen Augen ist diese
angeblich selbstbestimmte Nachwuchsplanung das Gegenteil von Freiheit: Anstatt
offen zu sein für das Leben in allen Facetten, plant man sogar das
Kinderkriegen durch wie eine Dinnerparty. Man verabsolutiert die gegenwärtige
Perspektive, die einseitig von der Karriere geformt ist, und verlängert sie in
eine Zukunft, von der man nicht weiß und nicht wissen kann, wie sie einen
selbst verändern wird. Denn ein Kind zu bekommen und dafür Verantwortung zu
übernehmen, verändert eine Frau, und zwar erheblich. Es kann also durchaus
passieren, dass Beruf und Karriere dann plötzlich in anderem Licht erscheinen
und anders bewertet werden als in der kinderlosen Karriere-Zeit.
Dieses die Zukunft und die eigenen Entwicklungsmöglichkeiten einseitig verengende Planen ist ja übrigens
auch in einem anderen Bereich der menschlichen „Reproduktion“ gang und gäbe,
nämlich bei der pränatalen Diagnostik. Hier trifft man tödliche Entscheidungen,
wenn ein Fötus von einer Behinderung bedroht zu sein scheint, ohne zu wissen,
wie man die reale Situation mit einem behinderten Kind meistern und welche
Kräfte sie freisetzen würde – so dass dieses neue Leben, so unvorhersehbar wie
es war, einen neuen und tiefen Sinn erhielte. Ähnlich wie in der pränatalen
Diagnostik, wird auch mit dem Eizellen-Einfrieren eine Technik, die
ursprünglich Krankheit verhindern, bzw. kranken Frauen helfen sollte, auf
gesunde Frauen angewendet, die somit (darauf wies auch Ranga Yogeshwar hin)
pathologisiert werden. Eine weitere Parallele zur pränatalen Diagnostik ist
beim „Social Freezing“ gleichfalls zu befürchten: Was jetzt freiwillige Option
ist, könnte irgendwann zum sozialen Druck und dann schließlich zur Pflicht
werden, so wie heutzutage junge werdende Mütter, die ein möglicherweise behindertes
Kind austragen möchten, von Ärzten und Gesellschaft gleichermaßen unter extremen
Druck gesetzt werden.
Ein Letztes: Verschiedentlich wurde kritisiert, dass
Yogeshwar und andere „die Moralkeule“ schwängen, bzw. dass das Angebot von
Facebook „unmoralisch“ sei. Mit Moral hat dieses Thema nichts zu tun.
Selbstverständlich hat der gesamte Bereich der Reproduktionsmedizin und der
pränatalen Diagnostik tiefgreifende ethische Aspekte. Entscheidender ist es,
dass die natürlichen anthropologischen Gegebenheiten willkürlich verändert oder
sogar ausgehebelt werden. Das hat medizinische, psychologische und soziale
Auswirkungen, die wir noch gar nicht abschätzen können. Dringend geboten wäre
eine Rückbesinnung auf die natürlichen Voraussetzungen der menschlichen
Reproduktion. Es ist schön und sinnvoll, wenn neues Leben aus einer Handlung
entsteht, die wir als „Liebesakt“ oder
„Liebe machen“ bezeichnen. Wenn der Aspekt der Lebenserzeugung, der dabei immer
mitschwingt, in einen der Gegenwart des Liebesakts sehr ferngerückten
technischen Prozess verlagert wird, dürften es die Liebe - und mit ihr die Lust
– in Zukunft ziemlich schwer haben.
Noch ein persönliches Wort zum Schluss:
Ich selbst bin promovierte Germanistin, habe vier Kinder großgezogen,
von denen die jüngste Tochter schwer behindert ist, und mit keiner Karriere der
Welt hätte ich so viel lernen und mich selbst so sehr weiterentwickeln können
wie im Leben mit meinen Kindern und meiner behinderten Tochter Clara.