Samstag, 16. Mai 2015

Kindheitspädagogik

Die gute alte Kindergärtnerin gibt es nicht mehr. Der Job ist anspruchsvoll geworden, denn es geht um die sogenannte "frühkindliche Bildung":
„Gute frühkindliche Bildung ist einer der entscheidenden Faktoren für mehr Chancengleichheit. Elementare Bestandteile einer umfassenden Bildung sind neben altersgerechter Sprach- und Wissensvermittlung, Angebote von früher Musik-, Kunst- und Bewegungserziehung sowie die Vermittlung von sozialen Kompetenzen und Werten.“(Das Bundesministerium für Bildung und Forschung).
Wohlgemerkt - es sind nicht etwa Kinder ab drei oder vier, die gebildet werden sollen, denn: „Frühkindliche Bildung beinhaltet die 'Bildung' von Kindern ab Geburt bis ins Vorschulalter.“ (Wikipedia, Schlagwort „Frühkindliche Bildung“)

Deshalb wollen die Erzieherinnen auch eine höhere Gehaltsstufe, und deshalb kann man diesen Beruf jetzt auch über einen Bachelor-Studiengang erlernen. Dann darf man sich Kindheitspädagoge nennen, und es ist schön, dass die Säuglinge in den Krippen und die Kleinkinder zwischen eins und drei Jahren in den Kitas jetzt von Fachleuten mit Fachwissen erzogen werden. Denn die Mütter sollen  Geld verdienen, damit sie genügend Steuern zahlen und die teuren Fachfrauen- und männer in den Kitas bezahlt werden können.

Was hat meine Generation doch für Pech gehabt, die wir nur in Ausnahmefällen unsere frühkindliche Bildung in Kindergärten bekommen durften und stattdessen von kompletten Erziehungslaien, nämlich unseren Eltern, erzogen wurden!
 Aber freuen wir uns doch einfach über den Fortschritt, der die Universitäten und die Kitas füllt.




Dienstag, 20. Januar 2015

„Charlie Hebdo“ und religiöse Toleranz

Seit nun schon über einer Woche tobt, ausgelöst durch das Attentat auf die „Charlie-Hebdo“-Redaktion, eine leidenschaftliche Diskussion um Pressefreiheit, Meinungsfreiheit, Toleranz und Intoleranz. Erwartbar und verständlich war das Entsetzen über den islamistischen Gewaltakt, und so wurde, außer in  muslimischen Ländern, weder von Politikern noch Publizisten Zweifel am Sinn antiklerikaler Karikaturen geäußert, die ja  im Zentrum der Arbeit von „Charlie Hebdo“ standen und weiterhin stehen.
Nun hat sich aber der Papst eingemischt und gefordert, dass religiöse Satire ihre Grenzen haben müsse, wobei seine Äußerung, dass den, der seine Mutter beleidigte, sein „Faustschlag erwarte“, einer gewissen Komik nicht entbehrt und von Jürgen Kaube (und anderen) sogleich gerügt wurde. Doch immerhin wagt man nun  hier und da in Leserbriefen oder auch in sehr, sehr vorsichtigen Kommentaren darüber nachzudenken, was Toleranz in Bezug auf religiöse Überzeugungen bedeuten könnte.
Etwas tolerieren heißt, eine fremde Meinung, Lebensweise, Sitte, Religion gelten zu lassen, ohne sie herabzusetzen, zu bekämpfen oder verächtlich zu machen. Dies impliziert keineswegs, dass das fremde Tolerierte in den eigenen Werte- oder Traditionskanon aufgenommen werden, bzw. dass die fremden Werte verstanden und respektiert werden müssten. Jürgen Kaube zitiert in diesem Zusammenhang Rémi Brague, der gesagt hat: „Kein Glaube verdient Respekt, auch meiner nicht. Überzeugungen sind Dinge, Respekt kann es nur für Menschen geben.“
Diese säuberliche Trennung von Glaubensinhalt und Gläubigem greift allerdings nur, wenn die Respektverweigerung für den Glauben sich nicht zu offener Respektlosigkeit, bzw. Verhöhnung des Glaubens steigert. Sobald dies der Fall ist, wird sie fragwürdig. Denn dabei wird übersehen, dass ein religiös orientierter Mensch sich seinen jeweiligen Glaubensinhalt im Akt des Glaubens als geistiges Lebenszentrum aneignet. Somit trifft jede Verhöhnung des Glaubensinhalts auch den Gläubigen als Person. Der von Rémi Brague geforderte Respekt  für Menschen wird also durchaus verletzt, wenn deren jeweilige Glaubensinhalte durch vulgäre Karikatur im Stil von „Charlie Hebdo“ verhöhnt werden.
Ja und, werden die meisten sagen, der fromme Muslim/Katholik/Jude braucht die Karikatur doch nicht anzuschauen!
Dieses Argument greift aber zu kurz. Die Publikation in einem überall erhältlichen Magazin ist, wie ja schon der Begriff der Publikation sagt, eine öffentliche Äußerung und ein gezielter, von der Intention her aggressiver Akt gegen alle, die dem Glauben anhängen, der durch die Karikatur herabgewürdigt wird.

Es fragt sich, was der Sinn solcher Karikaturen sein soll. Für wen stellen Karikaturen über Mohammed oder den Papst eine Notwendigkeit dar? Welchen gesellschaftlichen oder ästhetischen Zweck können sie erfüllen?