Freitag, 13. Januar 2012

Ist Carolyn Christov-Bakargiev ein Mann?

Letzten Sonntag gab die derzeitige Documenta-Leiterin Carolyn Christov-Bakargiev der Faz am Sonntag ein Interview.
Ich zitiere zunächst einige Kernaussagen des Interviews:

Alles ist politisch, absolut alles.
Es (das Symbolische) beruht auf der gedanklichen und praktischen Arbeit eines Feminismus, der das losgelöste, in sich ruhende Wissensganze aufbrechen wollte. Er hat auch das Widersprüchliche und Ungewisse zu verstehen versucht, die Möglichkeit, daß Gegensätze sich nicht ausschließen.
Es ist feministisch, die menschliche Existenz nur als Teil einer weiter gefassten Existenz zu sehen und sich Gedanken über den Blickpunkt eines Tiers oder Steins zu machen.
Wir werden für die Documenta Apfelsaft produzieren, ich habe Bäume dafür gepflanzt. Diese Documenta beruht auf einer Reihe präziser, bescheidener, unspektakulärer Gesten, Akte und Kunstwerke.
Es geht ….darum, wie jeder Einzelne sich in einem ästhetischen und daher politischen Sinne in der Welt engagieren kann.

…wenn man …einen schönen Topf Blumen mitten in eine Schlacht versetzen würde, dann würden sie – vielleicht! – zu kämpfen aufhören.
Für mich ist Verwirrung nichts Negatives, sondern ein ausgesprochen kreativer Bereich. Klarheit ist für mich etwas Gefährliches.
Alles ist intuitiv, jede Entscheidung. Intuition heißt, ohne Argumente handeln. Sie ist eine Frage des Engagements. Ich glaube nicht wirklich an statuiertes Wissen, an Erleuchtung vielleicht.
Ich lege einen Stein hin, sehen Sie, hier ist der Stein. Das ist das eine, und das andere ist die Herstellung der Möglichkeit von Erleuchtung.


Wenn man dieses wirre Geplauder auf eine Kernbotschaft eindampft, wäre es diese: Alles ist politisch, alles ist intuitiv, Klarheit ist gefährlich, es lebe die Ursuppe und der „Blickpunkt“ der Steine. Und all dies soll sein: FEMINISTISCH.
Angesichts eines solchen krassen Feminismusbildes – das Weibliche ist wirr, unklar, unlogisch, ein breiartiges Durcheinander halbphilosophischer Schlagworte, uralter soziologischer Hüte und unausgegorener Allumfassung – drängt sich der folgende Verdacht auf: C.B.B. ist ein verkleideter sexistischer männlicher Feminismushasser, der mit diesem Gerede den Feminismus nach Art eines Undercoveragenten desavouieren möchte.
Dass dieser verkleidete Feminist eine Katastrophe für die nächste documenta wäre, kann man allerdings nicht behaupten, denn der Kunstbetrieb hat sich ohnehin längst von allen nachvollziehbaren ästhetischen Kategorien verabschiedet; es geht ja schon seit Jahrzehnten nur noch um die aberwitzigste Verrücktheit, die man als „noch nicht dagewesen“ vermarkten kann.

Alles ist zwar nicht politisch, aber alles ist Kunst, wenn sich ein Händler findet, der es vermarktet.