Donnerstag, 10. Januar 2008

Aus- und Einblicke

Ein neues Jahr hat angefangen, das alte sich verabschiedet. Wie schön ist es da, angesichts des steten Weiterschreitens der Zeit, des "Panta rhei" der alten Griechen, sich der Dinge zu versichern, die Bestand haben.

So freuen wir uns jeden Tag, wenn wir nach Hause kommen, darüber, daß sich uns auf dem an den Hauseingang grenzenden Balkon der Nachbarn der gleiche Ausblick wie im letzten Jahr bietet.

Das heißt, es ist nicht jeden Tag der gleiche Ausblick: mal ergötzt das Auge eine matt orangefarbene Anorakjacke, dann wieder sind es weinrote Strickjacken und graugrüne Damenhosen, dann wiederum baumelt, wie auf dem obigen Foto, der Businessanzug des Nachbarn vor unseren Augen. Insgesamt ist aber eine beruhigende Konstanz aushängender Bekleidungsware zu verzeichnen, m.a.W., es hängt eigentlich immer was am Haken, wobei der Bekleidungsstil gediegen konservativ und frei von modischen Allüren ist.

Wir haben auf unserem gleichfalls an den Hauseingang grenzenden Balkon bislang noch keinen Kleiderhaken angebracht. Es gibt bei uns bei bestem Willen nichts auszulüften, und wenn, so erledigen wir dies schamhaft und diskret auf unserer Gartenterrasse. Doch wir fragen uns, ob dies im Sinn eines guten nachbarschaftlichen Zusammenlebens auch im neuen Jahr zu verantworten ist. Wäre es nicht taktvoller und solidarischer, auch unsere Garderobe auf dem Vorderbalkon auszustellen? Damit sich die Kleidungsstücke unserer Nachbarn nicht so isoliert dem Besucher darbieten? Und die zahllosen Gesprächsthemen, die sich daraus ergeben würden! Endlich wüßte man, worüber man, außer übers Wetter und das Kind der Nachbarn, mit ihnen reden könnte! Über das Rauchverbot, über Wohn-Duftsprays, über Geruchshemmer von Schlecker, über Duftsäckchen für den Wäschetrockner...
Andererseits könnte daraus ein unguter modischer Wettbewerb entstehen, oder gar ein subtiler Wettstreit, wer die meisten verrauchten Sachen und demzufolge das interessantere gesellschaftliche Leben vorzuweisen hat.

Ein ähnliches Problem stellen unsere Schuhe dar.

Die Nachbarn ziehen ihre Schuhe vor der Wohnungstür aus und lassen sie dort auf einer Fußmatte. Wir entledigen uns unserer Schuhe in unserer Wohnung. Was mag unsere Nachbarin wohl von uns denken? Daß wir Schweinigel sind, die den Straßendreck in die Wohnung schleppen? Zweifellos. Zumal wir ja auch unsere Kleidung nicht auslüften.

Tja, es gibt noch viel zu tun und zu bedenken im neuen Jahr.

Packen wir's an.