Der König – pardon, der Bundespräsident – bestellt zu sich
ein, und alle bedeutenden (oder sich für bedeutend haltenden)
Entscheidungsträger der BRD kommen. Sie kommen, denn es gibt Wichtiges zu besprechen. Die neue Regierung
muss gebildet werden, und der Bundespräsident hat die Entscheidungsbefugnis in
dieser Sache – äh, nein, ich habe mich vertan; er hat sie ja gar nicht. Wie
kommt es denn dann, dass er „zu sich einbestellt“, und keiner der Einbestellten
bleibt einfach zu Hause?
Wir haben eben keinen besseren König. Und geben Sie es zu,
auch Sie sind von Joachim Gauck beeindruckt. Keiner kann so schön feierlich
nach oben, oder wenn es die anstehende Festivität, Gedenkstunde, Trauerfeier
etc.pp. erfordert, nach unten gucken und dabei die Mundwinkel dramatisch in
ungeahnte Tiefen verrenken. So traurig hat noch kein Bundespräsident geguckt.
Und er läßt sich auch keine Gelegenheit entgehen, seine Traurigkeitskompetenz
unter Beweis zu stellen. Zum Beispiel beim Begräbnis eines, wie Herr
Schirrmacher in der F.A.Z. uns einhämmerte, „sehr großen Mannes“, des
Starkritikers Marcel Reich-R.. Da guckte Joachim Gauck ungefähr so:
Das war fast noch besser als bei der Gedenkfeier in Oradour.
Alle waren erschüttert, wie wahnsinnig traurig und bewegt der Ex-Pfarrer aus der Ex-DDR da war. Fast wäre
er ohnmächtig geworden. Schade, dass dies nicht geklappt hat, es wäre noch
toller gewesen als alles, was wir bisher an öffentlich ausgestellter
Verzweiflungsdrastik erleben durften.
Es bleibt zu hoffen, dass uns dieser Präsident – der erste,
der die Bedeutung seines Faches – ich meine, seines Amtes – in voller Größe,
Breite, Tiefe und Höhe erkannt hat, noch sehr sehr lange erhalten bleibt. Hoch
lebe der König!