Donnerstag, 8. März 2007

Ist Peter Singer glücklich?

Neulich war ich auf einem Fest. Einem Faschingsfest in dem Zentrum, wo meine Tochter Clara von Montags bis Freitags lebt (am Wochenende ist sie zu Hause). Und es war umwerfend. Nirgendwo sonst habe ich solche Lebensfreude, solche Begeisterung, solche hinreißend gute Laune erlebt wie dort. Unter dem Motto "Die damischen Ritter von Giesing" hatten sich alle wunderbar verkleidet, die Betreuer hatten Burgkulissen gemalt, es gab Krapfen, und zu schwungvoller Musik wurde kräftig "abgetanzt" (das geht auch mit Rollstühlen).
Als ich wieder nach Hause fuhr, mußte ich an Peter Singer denken. Das ist dieser in Deutschland sehr heftig umstrittene australische Ethiker, der inzwischen in Princeton lehren darf und neulich bei Maischberger eingeladen war, wo er mit anderen Gästen über das Lebensrecht Behinderter diskutierte. Das bestreitet er nämlich, das Lebensrecht, der gute Herr Singer, u.a. mit dem Argument, daß man schwerbehinderte Säuglinge zu ihrem eigenen Wohl bzw. auch zum Wohl ihrer Eltern töten dürfe. Begründet wird das mit der utilitaristischen Zielsetzung der "Glücksmaximierung" bzw. Leidverhinderung.
Dazu gäbe es eine ganze Menge zu sagen, aber dies soll keine philosophische Abhandlung werden. Besonders absurd - das möchte ich hier doch erwähnen - fand ich allerdings einen Artikel von einem Helmut F. Kaplan, der ein Anhänger Singers und ein Propagandist von "Tierrechten" ist. In diesem Artikel gibt es u. a., nachdem Kaplan erstmal Handlungen und Unterlassungen in einen Topf geschmissen hat, die folgende an Irrsinn grenzende Scheinlogik zu bewundern: "Wenn man es für moralisch falsch hält, ein neugeborenes ...Kind ...zu töten, weil sich daraus einmal eine Person entwickeln wird, dann müßte man es ... auch falsch finden, eine Handlung zu unterlassen, die die gleiche Konsequenz hat: den Geschlechtsverkehr. In beiden Fällen, bei der aktiven Tötung wie bei der Nichtzeugung, wird das Entstehen einer Person verhindert. Tötung und Nichtfortpflanzung, Handlung und Unterlassung, haben die gleiche Konsequenz - und sind daher moralisch vergleichbar."
Zur Kritik an Singer gibt's eine ganze Menge Informationen im Internet; bei Wikipedia sind einige "Basics" nachzulesen und ein paar gute Links. Bei Maischberger jedenfalls wurde Singer mit der Pflegemutter eines behinderten Down-Syndrom-Kindes konfrontiert, das seine Abtreibung überlebt hatte und inzwischen ein fröhlicher und, jawohl, ein sehr glücklicher Junge geworden ist. Auf die Frage, ob er es nicht schön fände, daß der kleine Tim lebt, antwortete Singer: "Ich finde es falsch, daß dieses Kind am Leben ist." Was der Herr Professor aus Princeton zu den kritischen und präzisen Fragen der gut informierten Gäste sonst noch zu sagen hatte, war nicht besonders bemerkenswert; er machte keine gute Figur, unterließ es aber fast nie, ein souverän-gütiges Lächeln zur Schau zu tragen.
Dieses Lächeln kann man auch auf der Homepage des Professors bewundern, und zwar gleich elfmal. Denn genau so viele Fotos von Singer höchstpersönlich, in leger-edlem leinenen Freizeithemd, finden sich auf der Homepage: Singer im Gegenlicht, Singer auf einer überwachsenen Steinmauer, Singer kurzbehost im Grase knieend, Singer der Tierfreund ein Schaf streichelnd ... Und immer dieses penetrant gütige Lächeln. Man meint schließlich, wie weiland Alice im Wunderland, als sie der grinsenden Katze begegnet, nur noch das Grinsen des Professors zu sehen.
Und es ist doch interessant, warum der Ethikprofessor, der zum Töten aufruft, sein eigenes Existieren gleich elfmal im Foto beweisen muß. Wer weiß, vielleicht fühlt er sich ja nur lebendig, indem er Leben verneint. Ob er damit auch glücklich ist, möchte ich allerdings bezweifeln.

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